Zwischen Offenheit und Enge, Tradition und Avantgarde.

LandStadt ist ein Phänomen.

 

Martin Mackowitz im Gespraech

Was Vorarlberg und einer gesunden Darmflora gemeinsam ist und weshalb ‚dritte Orte‘ unser Miteinander bereichern, erfahren Sie hier. Ein Gespräch mit Martin Mackowitz. Architekt, Pionier und initialer Mitdenker für LandStadt.

die Kosmologie des LandStadt-Raumes begreifen

Bei der Begegnung mit Martin fragt man sich, warum Architektur auf einmal so lebhaft und mit überraschender Weite ist. Was auffällt, sind seine gezielte Sorgfalt, sein Blick für das Ganze und sein Mut, bereits Gedachtes neu zu interpretieren. Auf meine Bemerkung, er sei unserer Zeit voraus, reagiert Martin bescheiden.

Bevor ich Platz nehme, wischt Martin den Lehmstaub von den Stühlen. Es ist beschaulich hier. Das Atelier ist in Licht gebadet, kleine Modelle versprechen große Ideen und in der Ecke wächst ein Olivenbaum. Ein behaglicher Ort, um Gedanken freien Lauf zu lassen.

Freien Lauf lässt Martin auch seinem Stift und kritzelt seine Denke flinkfingrig auf ein Blatt Papier. Was wie ein Geistesblitz aussieht, ist dann doch ein verzweigtes Portrait Vorarlbergs — ohne unnötige Fachsimpelei — und mich überkommt das Gefühl, zum ersten Mal die Kosmologie des LandStadt-Raumes zu begreifen.

Bildlich gesprochen haben sich Land Vorarlberg und Stadt Vorarlberg das Ja-Wort gegeben. Dass die zwei frisch vermählt sind, wäre zwar übertrieben, aber gar so lange kennt sich dieses außergewöhnliche Paar noch nicht.

Martin weiß, wovon er spricht und knüllt ein weiteres Blatt Papier zusammen. Vorarlberg, grinst er, könne man sich in etwa so vorstellen und legt das Papierknäuel auf den Tisch. Die besondere topographische Lage unseres Landes weise eine hohe Varianz an Tälern und Furchen auf. Vorarlberg sei durch Lebensräume charakterisiert, die zwar nahe beieinander liegen, aber wesenhaft verschieden sind. Eine solche Biodiversität gäbe es im Übrigen auch in einem gesunden Darm, erhellt Martin weiter. Die Bifidobakterien-Liebhaber*Innen unter Ihnen wissen: Die Darmflora ist von großer Bedeutung für die Immunkompetenz des Menschen. Sinngleich kann gesagt werden, dass Vorarlberg über ein besonders intaktes Immunsystem verfügt, das es, so Martin, zu wahren gilt.

Martin Mackowitz im Gespraech
Martin Mackowitz Portrait

Neben dem geographischen Reichtum trägt zur Kostbarkeit des Landes bei, dass Vorarlberg von urbanen Elementen durchzogen ist, die sich immer weiter verdichten. Bildlich gesprochen haben sich Land Vorarlberg und Stadt Vorarlberg das Ja-Wort gegeben. Dass die zwei frisch vermählt sind, wäre zwar übertrieben, aber gar so lange kennt sich dieses außergewöhnliche Paar noch nicht. Es sind keine hundert Jahre vergangen, als die Bergbauern Vorarlbergs den Siedlungsgebieten weithin fern geblieben sind. Heute blühen urbane Potentiale auf und — als hätte jemand an der Uhr gedreht — fahren wir S-Bahn und nicht mehr Zug.

Doch zurück zu dem Tüftler, dem ich gegenüber sitze. Martins Projekten ist etwas gemeinsam: Sie sind eine Art Scharnier und ermöglichen eine neue Perspektive auf unsere Welt. Kennen Sie etwa den Wanderkiosk? Eine urbane Typologie, mit dem Ziel, beinahe vergessene Plätze mit neuem Leben zu füllen. Dabei scheint Martin ein besonderes Händchen für die Akupunktur-Punkte des Landes zu haben. Dort, wo er die Nadel sticht, wird das ganze Gewebe aktiviert. Was dann entsteht, sind sogenannte dritte Orte.

Dritte Orte sind eine Keimzelle von Sozialität und Demokratie.

Dritte Orte sind Räume, an denen möglichst viele Teile der Gesellschaft ungezwungen zusammenkommen, um in einen lebendigen Dialog zu treten. Ein nachbarschaftlicher und offener Lebensraum, eine Keimzelle von Sozialität und Demokratie, die Partizipation und bunte Vielfalt ermöglicht. „Es geht um mehr als Schürzen aus Bio-Baumwolle und Hipster-Kaffee“, meint Martin und man spürt, dass seine Arbeit von Herzen kommt.

Fassen wir zusammen? LandStadt ist ein Phänomen zwischen Offenheit und Enge, Tradition und Avantgarde. Um den Puls von LANDSTADT zu erfühlen, lohnt es sich, Martin über die Schultern zu blicken, denn er weiß wie kaum jemand sonst: „ist eh alles da“.

 

Text: Anna-Lena Burtscher
Fotos: Martin Schachenhofer